Die Abschiebung des in Lustenau als Lehrling beschäftigten 26-jährigen Qamars rückt immer näher. Der Abschiebeflug ist für Samstag den 27.10.2018 gebucht. „Das ist ein Tag nach unserem Nationalfeiertag, an dem wir unsere Freiheit feiern. Vor Krieg und Terror Geflüchteten aus anderen Ländern, verwehren wir jedoch diese Freiheit, obwohl sie durch ihren Einsatz, Fleiß und Bereitschaft zur Integration ein Teil von uns geworden sind“, kritisiert der ÖGB-Landesvorsitzende Norbert Loacker. „Wenn wir solche Menschen abschieben, dann läuft etwas falsch im System. Die Verantwortlichen dafür sitzen hinter ihren Schreibtischen und scheren sich einen feuchten Kehricht über das Schicksal dieser Menschen“, bedauert Loacker.
Loacker: Qamar hat alles getan
Qamar Abbas ist seit sechs Jahren in Österreich und seit vier Jahren in Vorarlberg. In dieser Zeit hat er selbstbezahlte Wifi Kurse belegt, um Deutsch auf B1 Niveau zu erlernen, hat zunächst im Caritas-Projekt „Nachbarschaftshilfe“ gearbeitet und schließlich in Lustenau eine Lehre in der Gastronomie begonnen. „Von Fluchtgefahr oder ‚untertauchen‘ kann hier absolut nicht die Rede sein“, widerspricht Loacker dem letzten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Linz, bei dem er selbst anwesend war. „Dieser junge Mann hat alles getan, was von ihm verlangt wurde und noch darüber hinaus, um bei uns in Sicherheit leben und sich ein neues Leben aufbauen zu können.“ Loacker appelliert einmal mehr an die Entscheidungsträger in diesem Fall: „Wir müssen eine faire und vor allem menschliche Lösung finden, damit Qamar hierbleiben darf!“
Abschiebung trotz laufender Verfahren
Loacker hofft, dass der Anwalt von Qamar – den der Asylwerber ebenfalls selbst bezahlt – einen Weg findet. „Von Kirchenasyl bis Adoption soll jede Möglichkeit in Betracht gezogen werden“, fordert Loacker. Derzeit läuft ein Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung des humanitären Bleiberechts. „Wird dies allerdings nicht bis Samstag bearbeitet, ist Qamar weg“, ärgert sich Loacker, dass dadurch nicht einmal generell eine aufschiebende Wirkung erzielt wird. „Es kann nicht sein, dass Abschiebungen trotz einem laufenden Verfahren möglich sind. Da läuft im System etwas ganz gravierend falsch“, fordert Loacker eine Überarbeitung der Asylverfahren. „Ein großer Fehler war, die Entscheidungsgewalt über das humanitäre Bleiberecht den Ländern zu entziehen. Regional kann am besten beurteilt werden, ob jemand hier bleiben darf“, bedauert Loacker.
Loackers Kritik am Regierungskurs
Abschließend bemängelt der ÖGB-Landesvorsitzende: „In der ganzen Geschichte ist es zudem besonders traurig, dass ein Innenminister mehr zu sagen hat, als der Bundespräsident.“ Loacker erinnert auch nochmals an den Wunsch der Wirtschaft, das Modell „Lehre und Asyl“ nicht abzuschaffen und auch Flüchtlingen mit negativem Asylbescheid in einer Lehre weiterhin die Möglichkeit zu geben, ihre Ausbildung abschließen zu können. „Das deutsche System ‚3+2‘ ist auch aufgrund des sich weiter verschärfenden Fachkräftemangels ein Modell für die Zukunft. Stattdessen handelt die Regierung weiterhin ignorant, populistisch und menschlich wie ökonomisch völlig falsch“, kritisiert Loacker.
(Red.)
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