AA

Richterkandidat Gorsuch kritisiert Trump in Senatsanhörung

©Drew Angerer/Getty Images/AFP
Der Kandidat von US-Präsident Donald Trump für den vakanten Richterposten am Obersten Gericht, Neil Gorsuch, hat Trumps Richterschelte auch bei seiner Anhörung im Senat scharf kritisiert. Von Trump erhobene Zweifel an der Integrität eines Bundesrichters empfinde er als "demoralisierend", sagte Gorsuch am Dienstag in Washington. Das Weiße Haus wollte darin keine Kritik am Präsidenten erkennen.
Ex-Wahlkampfmanager unter Druck
Weißes Haus auf Konfrontationskurs
Aussage von FBI-Chef erhöht Druck

“Wenn jemand die Rechtschaffenheit, die Integrität oder die Beweggründe eines Bundesrichters kritisiert, empfinde ich das als entmutigend. Ich finde das demoralisierend”, sagte Gorsuch bei der Anhörung im Justizausschuss des Senats. Ähnlich hatte Gorsuch sich bereits Anfang Februar geäußert. Auf die Nachfrage des demokratischen Senators Richard Blumenthal, ob dies den Präsidenten einschließe, antwortete Gorsuch: “Jemand ist Jemand.”

Keine Kritik laut Weißem Haus

Trumps Sprecher Sean Spicer wollte Gorsuchs Äußerungen nicht als Kritik am US-Präsidenten verstehen. Der Jurist habe “allgemein gesprochen und nie eine Person genannt”, schrieb Spicer im Kurzmitteilungsdienst Twitter.

»Sean Spicer on Twitter Wrong and Misleading: he spoke broadly and never mentioned any person https://t.co/8uZtq45BWl«

Trump hatte im Zusammenhang mit der Gerichtsentscheidung gegen sein erstes Dekret mit Einreiseverboten abfällige Bemerkungen über den zuständigen Richter gemacht. Auf die Entscheidung von US-Bundesrichter James Robart, die von Trump Ende Jänner verfügte Einreiseverbote vorläufig landesweit aufzuheben, reagierte der Präsident mit wütenden Attacken auf Twitter: Er nannte die Entscheidung “lächerlich”, Robart verhöhnte er als “sogenannten” Richter.

Keine Äußerung zu “Muslim Ban”

Auch die neue, Anfang März von Trump unterzeichnete abgemilderte Version der Exekutivanordnung zur Einreise in die USA wurde inzwischen gerichtlich gestoppt. Gorsuch lehnte es ab, sich zu Trumps umstrittenen Einreisebann für Bürger bestimmter muslimisch geprägter Länder sowie Flüchtlinge zu äußern. Er wolle sich nicht in “politische Angelegenheiten” hineinbegeben, sagte er. Damit folgte der Jurist der Tradition, dass sich designierte Oberste Richter nicht in politischen Streitfragen festlegen, über die sie womöglich später unparteiisch entscheiden müssen.

“Niemand steht über dem Gesetz”

Die Senatoren hakten aber wiederholt nach um zu klären, ob Gorsuch in Trumps Sinne handeln würde. Auf die Frage, ob er sich als Mittel Trumps oder bestimmter Parteien und Interessengruppe sehe, antwortete Gorsuch schlicht mit “Nein”. Er habe auf der Grundlage der jeweiligen Gesetzeslage “keine Schwierigkeiten damit, für oder gegen jede Partei zu urteilen”, sagte der 49-Jährige. “Niemand steht über dem Gesetz”, sagte der Jurist. “Das schließt den Präsidenten der Vereinigten Staaten ein.”

Drew Angerer/Getty Images/AFP
Drew Angerer/Getty Images/AFP ©Drew Angerer/Getty Images/AFP

Trump hatte den streng konservativen Gorsuch Ende Jänner für den Richterposten nominiert. Seine Ernennung muss noch vom US-Senat genehmigt werden. Die Anhörung vor dem Justizausschuss hatte am Montag begonnen und soll am Mittwoch fortgesetzt werden.

Einjährige Vakanz

Viele Demokraten sind weiter verbittert, dass die Republikaner unter Trumps demokratischem Amtsvorgänger Barack Obama eine inzwischen fast einjährige Vakanz am Supreme Court erzwangen. Seit dem Tod des konservativen Richters Antonin Scalia im Februar 2016 blieb deshalb dessen Stelle in dem neunköpfigen Richterkollegium unbesetzt. Die Folge des Machtkampfs inmitten des Präsidentschaftswahlkampfs war ein Patt zwischen vier konservativen und vier linksliberalen Richtern; Obama konnte keinen eigenen Kandidaten nominieren.

Insbesondere unter den Demokraten gibt es zudem Befürchtungen, dass der Supreme Court nach einer Ernennung des konservativen Juristen Gorsuch das Recht auf Abtreibungen kippen könnte. Die Frage des republikanischen Senators Lindsey Graham, ob Trump ihn bei ihrem persönlichen Treffen zu einem derartigen Votum im Obersten Gericht aufgefordert habe, verneinte Gorsuch. “Ich wäre durch die Tür gegangen. Das ist nicht, was Richter tun”, fügte er hinzu.

Auch in der kontroversen Frage der Homo-Ehe sowie beim Waffenrecht blieb Gorsuch vage. Der aus Colorado stammende Bundesberufungsrichter gilt als Verfechter traditioneller Werte und vertritt eine strenge Auslegung der US-Verfassung.

(APA/ag.)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Politik
  • Richterkandidat Gorsuch kritisiert Trump in Senatsanhörung