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Notre Dame: Bestürzung nach Großbrand

Nach Stunden konnte der Brand schließlich unter Kontrolle gebracht werden.
Nach Stunden konnte der Brand schließlich unter Kontrolle gebracht werden. ©APA/AFP/FABIEN BARRAU
Das Ausmaß nach dem Großbrand in der Kathedrale Notre Dame ist noch ungewiss. Die Bestürzung ist jedenfalls groß.
Notre Dame steht in Flammen
Löscheinsatz der Feuerwehr
Kosten der Restaurierung
Schock in ganz Europa
Notre Dame in Flammen

Nach dem Großbrand in der Kathedrale Notre Dame ist das ganze Ausmaß der Zerstörung des Pariser Wahrzeichens noch ungewiss. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sagte den Wiederaufbau des berühmten Bauwerks zu und bat seine Landsleute und das Ausland um Unterstützung. Am frühen Morgen gab es zwar keine Angaben zur Brandursache, doch gingen die Behörden zunächst von einem Unfall aus. Weltweit reagierten Würdenträger mit Bestürzung und Trauer.

Großbrand in Notre Dame

Der Brand war am Montagabend gegen 18.50 Uhr ausgebrochen. Der Spitzturm stürzte ein, rasch griff das Feuer auf große Teile des Dachstuhls über. Nach Kirchenangaben brannte auch die hölzerne Inneneinrichtung. Flammen schossen aus dem Dach und tauchten den Abendhimmel in Orange, Rauch stieg auf. Rund 400 Feuerwehrleute waren im Einsatz, während Hunderte Schaulustige die Szenerie von Brücken rund um die Insel Île de la Cité verfolgten, auf der sich Notre Dame befindet. Nahegelegene Gebäude wurden aus Sorge vor einem Einsturz der Kathedrale geräumt.

Mehr als fünf Stunden nach dem Ausbruch eines Feuers fielen noch Funken ins Innere des Sakralbaus, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AP berichtete. In der Kathedrale brannten keine Lichter, aber die Glut am Loch, das der eingestürzte Vierungsturm hinterlassen hatte, erleuchtete die Dunkelheit. Funken regneten von der Decke und fielen dorthin, wo während der Gottesdienste in der Regel der Kirchenchor steht.

Kunstschätze und religiöse Relikte gerettet

Bürgermeisterin Anne Hidalgo sagte, das Gros der Kunstschätze und religiösen Relikte seien aus Notre Dame herausgeholt worden. In sozialen Medien postete Kulturminister Franck Riester Bilder, auf denen Menschen Kunstwerke in Lastwagen luden.

Brand gelöscht: “Das Schlimmste wurde verhindert”

Nach Stunden brachten die Einsatzkräfte das Feuer schließlich unter Kontrolle, ein Feuerwehrmann wurde verletzt. In der Nacht waren sie aber noch damit beschäftigt, das Bauwerk zu sichern und abzukühlen. Zuvor hatte Feuerwehrchef Jean-Claude Gallet bereits eine erste Entwarnung gegeben: Die Gebäudestruktur der Kathedrale hätten seine Kollegen retten können, indem sie verhindert hätten, dass das Feuer den nördlichen Glockenturm erfasse. “Zwei Drittel des Dachstuhls wurden verwüstet”, fügte er jedoch hinzu.

Mit Blick auf die Löscharbeiten und die zeitweise bedrohten beiden Haupttürme sagte auch Macron: “Das Schlimmste wurde verhindert”. Doch sei “die Schlacht noch nicht gewonnen”. Am Dienstag werde er den Startschuss für eine landesweite Spendenaktion für den Wiederaufbau von Notre Dame geben. Zudem werde er sich mit einem Hilfsappell an die “größten Talente” der Welt wenden. Notre Dame sei “ein Teil von uns”, erklärte Macron.

Brandursache: Terrormotiv vorerst ausgeschlossen

Das Büro der Staatsanwaltschaft in Paris behandelt den Großbrand als Unfall. Brandstiftung und ein mögliches Terrormotiv würden vorerst ausgeschlossen, teilte es mit. In französischen Medienberichten hieß es mit Verweis auf die Feuerwehr, es gebe eine mögliche Verbindung zu Renovierungsarbeiten am Spitzturm und dessen tonnenschweren Holz- und Kupferauskleidung.

Notre Dame steht im Zentrum von Paris, auf der Insel Île de la Cité im Fluss Seine. Ein literarisches Denkmal setzte Victor Hugo dem Bauwerk mit seinem Roman “Der Glöckner von Notre Dame”. Der Sakralbau ist eine der am meisten besuchten Touristenattraktionen Frankreichs, 13 Millionen Menschen strömen jährlich zur Kathedrale.

Die Bauarbeiten für das gotische Gotteshaus begannen bereits im 12. Jahrhundert. Der französische Historiker Camille Pascal sprach im Sender BFM von einer “Zerstörung eines unschätzbaren Erbes” durch den Brand. “Seit 800 Jahren wacht die Kathedrale über Paris. Erfreuliche und bedauernswerte Ereignisse wurden vom Glockengeläut von Notre Dame begleitet.”

Notre Dame
Notre Dame ©APA

Burgenländer bei Brandausbruch in unmittelbarer Nähe

Eine Familie aus dem Nordburgenland war am Montagabend in unmittelbarer Nähe, als die Kathedrale Notre Dame in Paris in Flammen aufgegangen ist. “Wir haben noch Fotos von der intakten Kirche gemacht und als wir nach dem Abendessen aus dem Lokal gekommen sind, haben wir schon schwarzen Rauch und Flammen gesehen”, schilderte Daniel Högerl gegenüber der APA.Högerl und seine Lebensgefährtin verbringen die Osterferien mit ihren beiden Söhnen in Paris und befanden sich am Montag auf Sightseeingtour. Zum Abschluss marschierten die vier vom Louvre Richtung Notre Dame, schossen noch Fotos und suchten dann ein Lokal in der Nähe auf. Als sie Sirenen der Einsatzkräfte hörten, verließen sie das Restaurant – aus dem Dach der berühmten Kathedrale schlugen bereits die Flammen, schwarzer Rauch verdunkelte die Abendsonne.

“Die Polizei hat die Leute zurückgedrängt, weil man ja nur über Brücken auf die Insel zur Notre Dame kommt. Wir haben dann noch Holz knacken gehört, denn dort stand ein Gerüst für Renovierungsarbeiten. Überall waren Einsatzkräfte und auch die U-Bahnstation war gesperrt”, so Högerl. Panik sei jedoch keine ausgebrochen, die für Paris üblichen Touristenmassen hätten sich recht ruhig verhalten.

Der Burgenländer räumte ein, dass man auch an einen möglichen Terroranschlag gedacht habe und hoffte, dass keine Personen bei dem Brand verletzt wurden. Die Familie aus Hornstein (Bezirk Eisenstadt Umgebung) will in der französischen Hauptstadt auf jeden Fall noch den Eiffelturm besuchen, bevor es am Gründonnerstag wieder nach Hause geht.

Schönborn denkt schon an Wiederaufbau

Kardinal Christoph Schönborn sieht die Bilder von der brennenden Pariser Kathedrale “tief erschüttert”, wie er auf Twitter schreibt. Alle müssten nun helfen, die Kirche – “das Herz von Paris” – wieder aufzubauen.

Kardinal Christoph Schönborn sieht den Wiener Stephansdom einer unvergleichlich geringeren Brand-Gefahr ausgesetzt als Notre Dame. Seit dem Brand von 1945, als der hölzerne Dachstuhl niedergebrannt war, habe man nämlich eine Stahlkonstruktion, sagte er in der “ZiB2”.

Vatikan reagierte mit Bestürzung

Der Vatikan hat mit Bestürzung auf das verheerende Feuer in der Kathedrale Notre-Dame in Paris reagiert. “Der Heilige Stuhl hat die Nachricht des entsetzlichen Brandes, der die Kathedrale von Notre-Dame, Symbol der Christenheit in Frankreich und der Welt, verwüstet hat, mit Schock und Trauer aufgenommen”, erklärte Papst-Sprecher Alessandro Gisotti am Montagabend.Paris/Vatikanstadt. “Wir drücken die Nähe zu den französischen Katholiken und den Einwohnern von Paris aus und sichern den Feuerwehrleuten und denjenigen, die alles tun, um diese dramatische Situation zu bewältigen, unsere Gebete zu.” Der Brand war am Montagabend in dem Wahrzeichen der französischen Hauptstadt ausgebrochen.

Feuerwehrsprecher Feiler: sehr heikler Einsatz

Der Sprecher der Wiener Berufsfeuerwehr, Christian Feiler, sprach am Montagabend gegenüber der APA von einem sehr heiklen Einsatz bei Notre Dame, nicht zuletzt wegen der Aufbringung von kaltem Wasser auf stark erhitzten Natur- oder Sandstein.”Die Schwierigkeiten bei der Brandbekämpfung sind für einen Laien kaum vorstellbar: Im Dachstuhl solcher Kirchen befinden sich Unmengen von altem, historischem Holz.” Dieses brenne sehr gut. Noch dazu gebe es keine Brandabsaugung. Das bedeute eine enorme Hitzeentwicklung.

Das Aufbringen von kaltem Wasser auf den sehr stark erhitzten Sand- oder Naturstein wäre fatal, weil es das Gemäuer zum Springen und im Extremfall zumindest schwere Schäden, wenn nicht den Kollaps des Gebäudes auslösen könnte. “Das bedeutet, ich muss sehr treffsicher löschen”, sagte Feiler. Allerdings wisse man oft nicht genau, wo zu löschen ist. Es würde wohl Sinn machen, dass man Teilbereiche des Gebäudes aufgebe und andere zu halten versuche.

Ein Einsatz von Löschflugzeugen oder Hubschraubern wäre nicht sinnvoll: “Das Dach ist so konstruiert, dass Regenwasser abgehalten wird.” Erst wenn das Dach geöffnet wäre, könnte man darüber überhaupt nachdenken.

Notfallpläne für Brand in Wiener Stephansdom

Gäbe es im Wiener Stephansdom ein ähnliches Feuer, würde wohl die höchste Alarmstufe ausgelöst – 7 oder 8, jedenfalls deutlich höher als beim Brand des Donauzentrums Anfang März, als Alarmstufe 4 ausgelöst wurde. “Aber nicht sofort: Man würde die Unterstützung von Freiwilligen Feuerwehren heranziehen, damit diese die Wachen besetzen, falls es weitere Ereignisse gebe. Die Wiener Berufsfeuerwehr könnte sich damit auf die Brandbekämpfung im Dom konzentrieren. Man müsste sicherstellen, dass es Ablösungen gibt. Es würde nichts bringen, wenn man 400 Einsatzkräfte auf einmal heranzieht und die einander im Weg stehen.”

Ein weiteres Problem sind die Brandschutzmaßnahmen in solchen historischen Gebäuden. “Für den Stephansdom gibt es sehr alte Bestandspläne, aber keine klassischen Brandschutzpläne”, betonte Feiler.

(APA/Red)

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