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Fusion Karstadt/Kaufhof nächster Milliardendeal von Benko

©APA
Die Eckpunkte einer Fusion der kriselnden deutschen Warenhauskette Kaufhof mit Konkurrent Karstadt stehen offenbar fest.

Karstadt, Karstadt Sport und Kaufhof sollen in einem Gemeinschaftsunternehmen zusammengefasst werden, sagen Insider. Vermutlich würden weniger als 15 Filialen zusperren. Die Verhandlungen über den nächsten Milliardendeal des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko sind im Finale.

Karstadt-Eigentümer Benko liebäugelte seit Jahren damit, den großen Konkurrenten Kaufhof in sein Warenhausimperium zu integrieren. Doch seine Anläufe zur Übernahme von Kaufhof waren in den vergangenen Jahren immer wieder gescheitert.

“Warenhaus AG”

Nun gibt es eine Grundsatzvereinbarung über eine geplante sogenannte “Fusion unter Gleichen”, wie die deutsche “WirtschaftsWoche” berichtet hat. Diese Absichtserklärung haben der kanadische Kaufhof-Eigner Hudson’s Bay (HBC) und Benko am Dienstag unterschrieben.

Die neue “Warenhaus AG” soll in Deutschland unter dem Druck der florierenden Online-Händler bald Realität werden. Die Verhandlungen sind im Anfang Juni wieder in Fahrt gekommen. Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen, hieß es Donnerstagmittag – sie sei aber “bald” zu erwarten.

Karstadt-Stammsitz fällt weg

Benkos Firma Signa solle etwas mehr als die Hälfte der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen bekommen und das operative Geschäft managen, für viele Maßnahmen wie etwa die Ausschüttung von Dividenden oder die Aufnahme von Krediten wäre demnach aber die Zustimmung von HBC notwendig. Der Stammsitz des neuen Unternehmens solle entweder in Köln oder an einem anderen Standort in Nordrhein-Westfalen angesiedelt werden, zitierte die “Wirtschaftswoche” Verhandlungskreise. Als relativ sicher gelte, dass der Karstadt-Stammsitz in Essen wegfalle.

Verwaltung und Einkauf sollten zusammengelegt und Arbeitsplätze abgebaut werden, zitierte das Magazin Verhandlungskreise. Dass Arbeitsplätze wegfallen, sei jedenfalls zu erwarten. Die Gewerkschaft Verdi betonte, oberste Priorität hätten für sie die Sicherung von Standorten und Stellen sowie die Tarifbindung.

Die Schließung von Filialen im großen Stil stehe dagegen nicht zur Debatte. Zur Disposition stünden etwa 15 Filialen, die ohnehin nicht gut liefen. Andere Quellen sprachen am Donnerstag von nur einer Handvoll. Kaufhof betreibt in Deutschland derzeit 96 Warenhäuser, Karstadt 82.

Das “Wall Street Journal” (WSJ) berichtet, Hudson’s Bay erhalte im Zuge der Transaktion 1,1 Mrd. Euro von Signa. Signa übernehme Schulden in Höhe von 750 Mio. Euro.

Von den am Deal beteiligten Unternehmen liegen bisher keine Stellungnahmen vor. Die Absichtserklärung soll 200 Seiten umfassen.

“Verunsicherung sehr groß”

In der Karstadt-Zentrale in Essen lösten die Fusionsabsichten schon große Befürchtungen aus. “Viele Kollegen sind empört und die Verunsicherung ist sehr groß”, wird Arno Leder, der Betriebsratschef der Essener Hauptverwaltung, am Donnerstag in der “Westfalenpost” (online) zitiert. “Wir fordern die Unternehmensleitung dazu auf, ein klares Bekenntnis zum Standort Essen abzugeben.” Heute hat sich der Betriebsrat in der Karstadt-Zentrale bereits zu einer außerordentlichen Sitzung getroffen. An dem traditionsreichen Standort in Essen-Bredeney arbeiten knapp 1.000 Beschäftigte für die Karstadt-Kette.

Auch der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) ist alarmiert. “Karstadt gehört zu Essen. Daher alarmieren uns Meldungen, die Karstadt-Hauptverwaltung würde möglicherweise verlegt. Das wäre eine Zäsur”, sagte Kufen. Karstadt sei ein Essener Traditionsunternehmen. Bereits seit den 1950er-Jahren sei Karstadt mit Teilen der Hauptverwaltung in Essen. Vor einigen Monaten hatte es bei Karstadt bereits Erwägungen zu einem Wegzug aus Essen gegeben.

Sanierungstarifvertrag auf Eis

HBC hatte Kaufhof im Oktober 2015 übernommen. Doch die Kette mit ihren aktuell 96 Warenhäusern und rund 18.000 Beschäftigten in Deutschland kommt seitdem nicht in Schwung. Die kanadischen Kaufhof-Eigentümer hatten Rene Benkos Angebote in der Vergangenheit abgeschmettert – zuletzt im vergangenen Februar. Die damals von Benko gebotenen rund 3 Mrd. Euro lägen deutlich unter dem Wert von Kaufhof und der damit verbundenen Immobilien-Werte, hatte HBC damals noch erklärt. Nun hat sich die Lage aber geändert – Kaufhof leidet unter laufenden Verlusten und auch HBC steht in seinem nordamerikanischen Heimatmarkt unter Druck. Gespräche über einen dringend benötigten Sanierungstarifvertrag bei Kaufhof liegen zudem auf Eis. Verdi-Verhandlungsleiter Franke will sie erst fortsetzen, wenn Klarheit über die Zukunft der Kette herrscht. Damit laufen Kaufhof die Kosten weiter davon, Karstadt-Eigner Benko spielt dies in die Karten. Karstadt gehört seit 2014 dem Tiroler Immobilienunternehmer.

(APA/dpa/ag.)

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