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Brückeneinsturz: Tränen bei Trauerfeier in Genua

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Mit einer Schweigeminute hat die Stadt Genua am Freitag um 11.36 Uhr des Einsturzes der Morandi-Brücke vor genau einem Monat - am 14. August - gedacht. 43 Menschen kamen bei der Katastrophe ums Leben, 600 wurden obdachlos. "Der Brückeneinsturz ist Genuas Ground Zero", sagte der Bürgermeister der Stadt, Marco Bucci.
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Tausende Menschen versammelten sich vor den Überresten des eingestürzten Viadukts. Angehörige der Toten legten Blumen nieder, viele Anwesenden hatten Tränen in den Augen. An der Schweigeminute beteiligten sich Dutzende Einsatzkräfte der Rettungsmannschaften, die am Unglückstag Überlebende und Leichen geborgen hatten. Die Fahnen wurden als Zeichen der Trauer auf Halbmast gehisst. Die Glocken der Kirchen läuteten, im Hafen ertönte eine Sirene. Die Geschäfte wurden geschlossen. Taxi und Busse blieben stehen.

Schreckliche Tragödie

“Für uns Genueser ist der Einsturz der Morandi-Brücke eine schreckliche Tragödie, wie Ground Zero für New York. Heute trauern wir um die Todesopfer, denken aber gleichzeitig an den Wiederaufbau des Viadukts, damit Genua aus dieser Tragödie stärker hervorgehen kann”, sagte Bucci. Eine weitere Gedenkzeremonie ist für 17.30 Uhr auf dem zentralen Platz De Ferrari in Anwesenheit des italienischen Premiers Giuseppe Conte geplant.

Ermittlungen auf Hochtouren

Inzwischen laufen die Ermittlungen über die Ursachen der Tragödie auf Hochtouren. Die Staatsanwaltschaft von Genua befragte zwei der 20 Personen, gegen die ermittelt wird. Dabei handelt es sich um Manager der Autobahngesellschaft “Autostrade per l´Italia”, Betreiberin des eingestürzten Viadukts, und um Funktionäre des italienischen Verkehrsministeriums. “Wir verlangen die Wahrheit. Wir wollen wissen, warum die Brücke eingestürzt ist. Das schuldet man meinem Sohn und den anderen 42 Todesopfern”, sagte Giuseppe Matti Altadonna, Vater eines Arbeitnehmers, der an Bord seines Lieferwagens unterwegs war, als die Brücke einstürzte.

Rückkehr zur Nomalität

“Genua erwartet konkrete Beschlüsse für seinen Neustart. Die Stadt hat eine unannehmbare Tragödie erlebt”, kommentierte der italienische Präsident Sergio Mattarella in einem Beitrag für die Tageszeitungen “La Stampa” und “Il Secolo XIX”. “Zur Normalität zurückzufinden, das ist eine Hoffnung, die konkret werden muss. Man muss das schnell, auf transparente Weise und mit der höchsten Kompetenz tun”, forderte Mattarella.

Der Ministerrat in Rom verabschiedete am Donnerstagabend ein Dekret, mit dem Geld für die durch den Brückeneinsturz beschädigten Unternehmen und die 600 Menschen zur Verfügung gestellt werden soll, die wegen des Unglücks ihre Wohnungen verloren haben. Beschlossen wurde außerdem die Gründung einer nationalen Behörde für die Sicherheit von Infrastrukturen. Geplant ist die Anstellung von 250 Ingenieuren, die in ganz Italien die Sicherheit öffentlicher Infrastrukturen wie Brücken, Straßen und Schulen prüfen sollen.

Viadukt bis 2019

Diskutiert wurde indes weiter über den Wiederaufbau der Brücke. Die italienische Regierung will der staatlichen Schiffswerft Fincantieri den Auftrag für die Wiedererrichtung erteilen. Man sei in Kontakt mit Brüssel, damit die Regierung eine Ausnahme von den EU-Bestimmungen für öffentliche Ausschreibungen machen und Fincantieri direkt den Auftrag für die Errichtung der Brücke erteilen könne, sagte Verkehrsminister Danilo Toninelli. In den kommenden Tagen plane er ein Treffen mit den Betreibern von Infrastrukturanlagen in Italien. Er werde von ihnen ein detailliertes Programm zu Wartungsarbeiten fordern.

Die Überreste der Brücke sollen ab Ende September oder spätestens Anfang Oktober abgerissen werden, sagte Bürgermeister Bucci. Das neue Viadukt soll bis spätestens November 2019 errichtet werden. Der aus Genua stammende Stararchitekt Renzo Piano entwarf dafür bereits einen Plan.

Während eines schweren Unwetters war am 14. August das sogenannte Polcevera-Viadukt, das auch Morandi-Brücke genannt wird, in mehr als 40 Metern Höhe auf einem etwa 100 Meter langen Teilstück eingestürzt. Die Brücke ist Teil der Autobahn 10, die auch als Urlaubsverbindung “Autostrada dei Fiori” bekannt und eine wichtige Verbindungsstraße nach Südfrankreich, in den Piemont und die Lombardei ist. Die Brücke stürzte auf mehrere Häuser.

(APA)

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