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Ausbildung im Bundesheer: Der Tod des Rekruten Kurt Wandl

Bereits 1974 gab es einen vergleichbaren Fall im Bundesheer.
Bereits 1974 gab es einen vergleichbaren Fall im Bundesheer. ©VOL.AT/Steurer
Bereits 1974 starb ein Rekrut an einem Hitzschlag, damals beim Strafexerzieren. Die Verantwortlichen kamen mit geringen Strafen davon, doch führte es zu neuen Musterungsregeln. Und auch die Ausbildung sei seitdem strenger geregelt, betont der frühere Militärkommandant Schröckenfuchs.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Krems wegen fahrlässiger Tötung im Fall des verstorbenen Rekruten Toni P. Der Gardist war beim Marschieren zusammengebrochen, laut Obduktion ist er an einem Herzstillstand durch Überhitzung verstorben. Derzeit prüfen neben der Staatsanwaltschaft auch zwei Kommissionen des Bundesheers den Fall: Eine Untersuchungskommission prüft das Verhalten der Ausbilder, eine weitere Sonderkommission die derzeitigen Ausbildungsrichtlinien.

VOL.AT/Schmidt
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“Aus meiner Erfahrung sind die Vorschriften gerade in der Ausbildung sehr streng”, betont der frühere Militärkommandant von Vorarlberg, Brigadier a.D. Gottfried Schröckenfuchs gegenüber VOL.AT. Nun müsse man die Ergebnisse der beiden Untersuchungskommissionen abwarten. Auch Verteidigungsminister Doskozil erwartet Aufklärung – und betont die vielfältigen Beschwerdemöglichkeiten im Heer. So gab es im vergangenen Jahr 32 ordentliche und 144 außerordentliche Beschwerden aus dem Heer, davon jedoch nur ein geringer Teil von Rekruten.

Der Fall Wandl

Grund für die Ausbildungsrichtlinien und Beschwerdemöglichkeiten gehen auf einen Fall zurück, der im heutigen Licht auffallend bekannt vorkommt: Im August 1974 verstirbt der 18-jährige Rekrut Kurt Wandl nach dem Strafexerzieren an einem der heißesten Tage des Jahres. Todesursache war eine Hirnschwellung durch Überhitzung. Bei der Strafmaßnahme seien mehrere Rekruten zusammengebrochen, Wandl verstarb im Krankenhaus.

“Oberschleifer der Mauterner Blutwiese”

Die darauf folgenden Ermittlungen zeichneten ein düsteres Bild von den Ausbildungsstandards in der Kaserne von Mautern. Der verantwortliche Ausbilder habe auf den zusammengebrochenen Soldaten mit den Worten “Sie wollen mir wohl die Füße küssen”, reagiert. Der Unteroffizier war neben anderen als “Oberschleifer der Mauterner Blutwiese” bekannt (siehe “Unsere wilden Jahre: Die Siebziger in Österreich” von Georg Friesenbichler). Ein weiterer Todesfall im Bundesheer wenige Wochen zuvor bei einer Gefechtsübung verschärft die Diskussion. Die Aufregung war groß, eine Untersuchungskommission wurde installiert.

Haftstrafen auf Bewährung

Schlussendlich standen drei Ausbilder und Vorgesetzte vor Gericht. Die ausgefassten Strafen waren überschaubar: Der Kompaniekommandant und die beiden Ausbilder wurden wegen “Vernachlässigung der pflichtmäßigen Obsorge” zu bedingten Haftstrafen verurteilt. Der Kommandant fasste sechs Wochen aus, die Ausbilder vier, beziehungsweise sechs Monate. Sie hätten sich nicht rasch genug um die Versorgung des Rekruten gekümmert. Auch ein “Anti-Schleifer-Fest” wurde 1976 in Wien gefeiert, welches indirekt in die Besetzung der Arena mündete.

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Reform der Musterung

Doch waren dies nicht die einzigen Konsequenzen: Der Skandal rund um den “Fall Wandl” sorgte für eine Wehrgesetzreform 1977. Eine der auffälligsten Änderungen war die Umstellung der Musterung: Statt der mobilen Musterungskommission wurden die stationären Musterungskasernen eingerichtet mit den Diagnosestraßen, um ein besseres Bild vom Gesundheitszustand und Tauglichkeit der Rekruten zu gewinnen. Nun hatte der Arzt das letzte Wort bei der Einstufung der Tauglichkeit, nicht die Kommission.

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